Ehepaar auf Abwegen, 83. Teil

Kommentar   6
4.8 Stimmen Graf: 34

Ehepaar auf Abwegen, 83. Teil

Damals (Februar 2018)
Fortsetzung, autobiographischer Inhalt

… Anfang Februar 2018 weilte Sandra Berlinghoff aus dienstlichen Gründen wieder auf der arabischen Halbinsel. Mit ihrem Mann wohnte sie bei ihren Freunden Aisha und Faris. Diesmal war der Ablauf ihres Besuchs jedoch ein anderer. Sandra hatte drei Waldenfels-Mitarbeiter im Schlepptau, die den Auftrag hatten, die örtlichen Niederlassungen auf Herz und Nieren zu inspizieren.

… Faris war zunächst skeptisch gewesen, hatte jedoch eingesehen, dass die deutsche Gründlichkeit eine solche Vorgehensweise erzwang, aber er hatte lachend zu seinen Freunden gesagt, dass dies keinem arabischen Unternehmen in den Sinn kommen würde. Dort arbeitete man immer auf Vertrauensbasis.

… „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, hatte Marco darauf schmunzelnd geantwortet, „dir ist doch das deutsche Sprichwort geläufig. Und du kennst Paula Waldenfels mittlerweile recht gut. Die Vorsitzende ist eben gründlich. Sie möchte nicht vor dem Aufsichtsrat stehen und bekennen müssen, etwas übersehen zu haben.“

… Faris hatte daraufhin gelächelt: „Manchmal verstehe ich euch Deutsche, manchmal nicht. Du verteidigst Frau Doktor Waldenfels doch nur, weil du sie liebst.“

… Marco war natürlich bewusst, dass Aisha und Faris im Laufe der Zeit einiges über ihr polyamores Netzwerk mitbekommen hatten, sie waren ja nicht dumm. Und längst hatten sie erfahren, dass Jonathan Paulas und Marcos Sohn war.

… „Ja, Faris, das stimmt“, erwiderte Marco, warum sollte er etwas leugnen, was nicht abstreitbar war. „Aber das ist nicht der Punkt. Dienstlich haben wir uns oft gestritten, aber ebenso oft waren wir uns einig. Die entsprechenden Strukturen im Konzerncontrolling habe ich aufgebaut. Es ist wichtig, dass das Familienvermögen geschützt wird, so gut es geht. Paula hat ordentlich Geld in die Hand genommen, um die Strukturen bei euch aufzubauen. Natürlich muss sie von Zeit zu Zeit prüfen, was daraus geworden ist.“

Sponsor

… „Du musst mich nicht überzeugen, ich habe das bereits verstanden.“ Faris klopfte ihm auf die Schulter, dann holte er zwei Flaschen Heineken aus seinem Privatkühlschrank und sie stießen an. Marco wusste, dass er diesen durch eine spezielle Vertrauensperson immer wieder auffüllen ließ. Offiziell gab es diesen Kühlschrank nämlich nicht.

… Sechs Standorte des Konzerns bereisten Sandra, Faris und die Mitarbeiter an sechs aufeinanderfolgenden Tagen sternförmig von Dubai oder Doha aus. Es waren Standorte in islamischen Ländern, deshalb war es wichtig, dass Sandra von einem Mann begleitet wurde. Dieser Mann war Faris. Das war möglich, weil sie abends immer wieder nach Ras al-Khaimah zurückkehrten, es gab keinen Hotelaufenthalt.

… In diesen sechs Tagen kümmerte sich Aisha um Marco. Drei davon verbrachten sie bei ihrem Stamm in der Wüste und das war für ihn eine komplett neue Erfahrung. Marco lernte Aishas Familie kennen, ihre Eltern, ihre beiden Brüder und ihre Schwester. Für ihn war die Kultur, in welcher der Stamm lebte, Neuland. Die Regeln waren insgesamt nicht so streng wie in anderen islamischen Gesellschaften, aber doch für Frauen einschränkend. Er hätte gerne mit Aishas Mutter oder Schwester geplaudert, aber das wir nur schwer zu realisieren. Sie waren zwar manchmal dabei, wenn er mit dem Scheich, Aishas Váter, über alles Mögliche diskutierte, oder mit einem ihrer Brüder, vornehmlich ihrem ältesten, der der nächste Scheich werden würde, aber Aisha hatte ihm klar gesagt, dass er keine Frau ansprechen dürfe. Auch sie, Aisha, nicht, außer wenn sie allein war, natürlich, oder nur ihre Familie zugegen war.

… Zu Marcos Erstaunen war der álte Scheich kein Hinterwäldler. Er wusste sehr gut über die Weltpolitik Bescheid. Und was für Marco noch verwunderlicher war, der Scheich lehnte jede Art von eiferndem Islam ab. Er verstand die westliche Welt mit ihren Ressentiments gegenüber dem Islam, weil sie solche Organisationen wie den IS, Al Kaida, die Hamas oder Staaten wie den Iran vor Augen hatte.

… Für Marco waren diese drei Tage lehrreich wie selten etwas, was er davor erlebt hatte. Zwar konnte der Scheich nur Arabisch sprechen, aber Aishas jüngerer Bruder fungierte als Dolmetscher. Der sprach perfekt Englisch, denn er war zwei Jahre in den USA gewesen.

… Am ersten Abend schlüpfte Aisha kurz in Marcos Zelt, das ihm zugewiesen worden war, begleitet von ihrem jüngeren Bruder. „Wir dürfen hier nichts machen, was Misstrauen erzeugen könnte“, sagte sie, „bitte, du darfst mich nicht berühren.“

… „Das ist mir längst klar“, beruhigte sie Marco, „aber was wäre, wenn wir erwischt würden?“

… Aisha lächelte: „Das wäre in unserer Kultur ein Verbrechen. But here are things not as bad as they seem. Entschuldige, ich kenne den Ausdruck auf Deutsch nicht. Es wäre ganz einfach. Wenn ich nicht verheiratet wäre, müsstest du mich heiraten.“

… „Naja, damit könnte ich leben“, schmunzelte Marco, „aber da du verheiratet bist?“

… „Dann obliegt es dem Ehemann, eine Strafe festzusetzen. Und die fällt gewöhnlich danach aus, wobei man uns erwischt hat. Wenn sie uns beim Vögeln erwischen, bedeutet das sicher die Todesstrafe. Dem Ehemann bleibt nichts anderes übrig, als das so zu entscheiden, denn er muss seine Ehre im Stamm wiederherstellen.“

… „Das heißt, wenn eine Frau ihren Mann betrügt, ist die Ehre des Ehemanns in seinem sozialen Umfeld zerstört?“

… „Ja, und das darf man nicht …, sorry, you mustn’t take it easy. For the husband this is essential for his future social life.”

… „Alles klar”, meinte Marco, „ich werde mindestens zwei Meter Abstand zu dir halten, auch wenn mir das sehr schwerfällt.“

… „Ach, Marco“, seufzte Aisha, „mir fällt es auch schwer. Aber im April sind wir ja wieder bei euch in Deutschland.“

… „Darauf freue ich mich, und wie.“

… Marco lernte in den drei Tagen beim Beduinenstamm reiten, und zwar auf Pferden und Kamelen, aber besonders gefiel ihm diese Disziplin nicht, denn er kam ziemlich wundgescheuert nach Hause. Aisha schickte ihm abends eine alte Frau ins Zelt, die eine Kräuterfrau zu sein schien. Sie legte ihm einen Verband mit irgendwelchen Pflanzen an und gab ihm einen eklig schmeckenden Sud zu trinken. Aber seine Beschwerden waren am nächsten Morgen fast verschwunden.

… Am letzten Abend, bevor der Landrover Aisha und Marco wieder abholen würde, saßen sie im geräumigen Zelt des Scheichs beim Abendessen mit dessen Familie. Alle waren diesmal anwesend, Aishas Schwester mit ihrem Mann und ihre Brüder mit deren Frauen.

… Ihr Váter gestaltete die Unterhaltung. Er war ein amüsanter und sehr aufrichtiger Gesprächspartner, das hatte Marco bereits erkannt und ihm hierfür sein Kompliment ausgesprochen, das er mit unbewegtem Gesicht entgegennahm. Ob ihn das freute oder nicht, war nicht zu erkennen.

… Nach dem Essen wollte er mit Marco allein reden. Nur seine Frau, sein älterer Sohn und Nachfolger und sein jüngerer als Dolmetscher durften bleiben. Auch Aisha schickte er weg. Marco wunderte sich, dass sie sich das so anstandslos gefallen ließ, schließlich war die Emanzipation von Frauen ihr besonderes Anliegen. Am Tag darauf, auf der Autofahrt zurück in die Hauptstadt, würde er sie darauf ansprechen, und sie würde ihm eine plausible Begründung liefern.

… Kaum waren sie im kleínen Kreis, wurde die Gesprächsführung des Scheichs für Marco alles andere als angenehm.

… „Wir haben einiges über Sie gehört, Marco“, begann der Scheich seine Ausführungen, dann machte er eine Pause.

… Marco wartete geduldig. Er machte nicht den Fehler, eine Floskel wie „Ich hoffe, nur Gutes“ anzubringen. Nein, er sagte nichts.

… Das schien ihm beim Scheich einen Pluspunkt einzubringen. Mit einem gewissen Wohlwollen sagte er nun: „Erzählen Sie von Ihrem Beruf und Ihrer Familie.“

… „Exzellenz, ich versuche, mich kurz zu fassen.“ Er berichtete über seine Arbeit bei Waldenfels, durch die der Konzern durchstarten und seine Stellung als Weltmarktführer hatte festigen können. Dann erläuterte er seine selbstgewählte neue Aufgabe mit seinen Vorträgen und Publikationen.

… „Heißt das, eure Ehen benötigen Helfer, weil die Ehemänner das selbst nicht klarkriegen?“

… „Ja, Exzellenz, zum Teil könnte man das so sagen.“

… „Sind die Ehemänner bei euch Waschlappen? Können sie sich nicht durchsetzen?“

… „Nein, Exzellenz, das sind sie nicht. Und sie können sich auch durchsetzen, aber das gilt ebenso für die Frauen. Wir haben Gleichberechtigung, Exzellenz. Das bedeutet, dass sich Ehemann und Ehefrau auf gleicher Höhe zusammenraufen müssen.“

… „Wir kennen das Konzept, Marco. Es endet oft mit Scheidung.“

… „Das stimmt, Exzellenz, und das ist traurig. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, da gegenzusteuern.“

… „Jetzt verstehe ich Ihre Intention. Sie klingt vernünftig.“

… „Nun ja“, erwiderte Marco, „ich hoffe, dass sie das ist.“

… Der Scheich wechselte plötzlich das Thema: „Sie haben eine bildschöne Ehefrau, Marco.“

… „Äh ja, Sandra, ja, Exzellenz.“

… „Erzählen Sie mir von ihr.“

… Zunächst war Marco verblüfft. Natürlich wusste der Scheich von Sandra, er war schlau, er hatte genug Informanten in der Stadt, und Fotos hatte er sehr wahrscheinlich auch gesehen. Aber was wollte Aishas Váter nun hören? Marco dachte kurz nach, dann entschied er sich, offen den Werdegang ihrer Liebe zu erzählen.

… Also begann er mit dem Kiindergarten, kam dann kurz zur Grundschúle und zum Gymnasium, schilderte, wie sie mit sechzehn zusammengekommen waren, weil sie ihre große Liebe zueinander entdeckt hatten. Er informierte über Hochzeit und Kiinder und wie sie die Kijnder seiner Schwester Ingrid zu sich genommen hatten und einige Jahre später die Frau ihres verstorbenen besten Freundes mit ihren vier Kjindern. Er ließ jedoch alles aus über ihren Fremdsex, ihre Therapie und das, was ihn mit Penny und Paula verband. Das ging den Scheich nichts an.

… Aishas Váter schien beeindruckt. Seine Frau beugte sich zu ihrem Mann und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er dachte kurz nach, dann begann er: „Sie haben also die Kiinder Ihrer verstorbenen Schwester zu sich geholt. Das spricht für Sie.“

… „Das war für meine Frau und mich selbstverständlich“, versicherte Marco.

… „Und dann die Kiinder Ihres Freundes samt seiner Witwe.“ Er zögerte kurz, was bei Marco etwas Unbehagen erzeugte. Worauf wollte er hinaus?

… Das sollte er umgehend erfahren. „Die Witwe Ihres Freundes ist also Ihre Zweitfrau geworden“, konstatierte er, offenbar schien das für die Anwesenden durchaus folgerichtig.

… Marco war unsicher, wie er antworten sollte. Deshalb zögerte er und er zögerte einen Tick zu lange. Er sah die Frau des Scheichs nicken und seine Söhne grinsen.

… Wohlwollend sagte der Scheich: „Wir haben schon verstanden, Marco. Wir wissen, dass Sie in der westlichen Welt nur eine Frau heiraten dürfen, aber wieviele Sie tatsächlich haben, ist Ihre Privatsache. Sie sind mit der Witwe Ihres Freundes nicht verheiratet, also passen Sie auf, wenn Sie mit ihr in islamische Länder reisen. Bei uns zum Beispiel dürften Sie diese Frau nicht in Ihr Bett nehmen.“

… „Äh … ja, Exzellenz …“, stotterte Marco etwas. Er war überrumpelt durch die Offenheit des Scheichs, besonders angesichts der Anwesenheit seiner Frau. Aber die schien ihren Mann in irgendeiner Weise zu steuern. Sie sprach nun einige laute Worte in Richtung des Zelteingangs und einer der Wächter brachte einen schlauchähnlich geformten Lederbeutel mit einem Hals, an welchem sich ein Mundstück ähnlich einer Wasserpfeife befand.

… Er übergab ihn dem Scheich, der einen großen Schluck aus dem Mundstück nahm. Dann reichte er das Behältnis an Marco weiter: „Das ist Araq“, erläuterte er, „wollen Sie kosten? Seien Sie mein Gast.“

…. Marco wusste, dass Araq eine bestimmte Form eines arabischen Anisschnapses war, ähnlich dem griechischen Ouzo. Obwohl er diesen ganz gern mochte, war er kein Freund von solchen Situationen, denn dabei hatte er schon das eine oder andere Mal einen respektablen Rausch davongetragen. Außerdem schien es ihm sehr unhygienisch, aus demselben Mundstück zu trinken.

… Andererseits würde eine Ablehnung unmöglich sein, denn eine solche wäre ein Affront gegen seine Gastgeber. Also nahm er den Schlauch, setzte ihn an und gab ihn danach an einen der Söhne des Scheichs weiter.

… Während Marco den Geschmack prüfte, stellte er fest, dass der Araq ausgezeichnet war. Er nickte anerkennend und der Scheich und seine Frau lächelten dazu.

… „Sehen Sie, Marco“, fuhr sein Gastgeber nach einer Weile fort, der schlauchartige Behälter war mittlerweile zwei weitere Male bei Marco ‚vorbeigekommen‘, „die Aufnahme einer Witwe als weitere Ehefrau ist auch bei uns eine durchaus übliche Vorgehensweise, um dieser Frau Sicherheit zu bieten. Aber sonst ist meist die Einehe die verbreitete Lebensform. Noch mein Váter hatte drei Frauen, deshalb habe ich acht Geschwister, aber ich selbst sowie meine Söhne haben nur eine Frau. Das sollte auch genügen.“ Er sah seine Frau an, die ihm zulächelte.

… So klar und deutlich hatte Marco das bisher nicht gehört. Es widersprach den Vorstellungen, die sich Westeuropäer von islamischen Gesellschaften machten.

… „Eine Ausnahme bilden unsere Herrscherhäuser“, fuhr Aishas Váter fort, „aber die sind nicht typisch für uns. Aber so möchten das Ihre Medien offensichtlich hören.“

… Er schwieg erneut und der Araq-Schlauch kreiste.

… „Was sagt denn Ihre bezaubernde Frau dazu, dass Sie die Witwe Ihres Freundes aufgenommen haben?“

… Die Frage traf Marco unvorbereitet und sie konnte unangenehm werden. Es hatte keinen Sinn, mit dem Mann über ‚Augenhöhe‘, ‚Ventil‘ oder ‚geplanten Fremdsex‘ zu sprechen. Aber er musste eine Antwort geben, und zwar zügig, um nicht Misstrauen zu wecken, also sagte er kurzentschlossen: „Eigentlich war Sandra sofort einverstanden, denn es handelte sich dabei auch um ihre beste Freundin.“

… Der Scheich wiegte seinen Kopf hin und her. Wieder flüsterte seine Frau mit ihm. Plötzlich sagte er: „Mein Schwiegersohn ist alleine mit Ihrer Frau unterwegs und deshalb haben Sie meine Tóchter hierher zu uns begleitet.“

… Marco musste sich sehr zusammennehmen, um seine ruhige Miene zu bewahren. Natürlich wusste Aishas Familie davon und dabei spielte ihre ehemalige Amme eine wesentliche Rolle. Oder hatte Aisha das ihren Eltern selbst erzählt? Er glaubte das zwar nicht, aber er würde sie fragen müssen. Und reichte der Arm ihrer Familie am Ende bis nach Deutschland? Wussten diese Leute von ihrem Partnertausch?

… Ganz vorsichtig wollte er den Scheich aushorchen. Er wollte seine Gesprächslogik auspacken, die ihn bei Verhandlungen meist überlegen machte.

… Aber sein gerissener Gastgeber war schneller: „War das die Bedingung Ihrer Frau dafür, dass die Witwe Ihres Freundes in Ihr Bett durfte? Dass Ihre Frau sich an Faris heranmachen konnte?“

… „Was? … Äh, nein.“ Marco war überrumpelt. Die Schlussfolgerung des Scheichs war zwar falsch, aber er hatte im Prinzip das Muster ihrer polyamoren Beziehung getroffen. „Nein, Exzellenz, das ist nicht so gewesen. Die Witwe lebt seit sechs Jahren in unserem Haus, Aisha und Faris dagegen kennen wir erst seit drei Jahren. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“

… „Aber warum lassen Sie zu, dass Ihre Frau mit Faris unterwegs ist?“ Der Scheich schien ein wenig unsicher geworden zu sein, sein Gedankenkonstrukt wankte offensichtlich.

… „Das ist ganz einfach, Exzellenz“, antwortete Marco und versuchte sein gewinnendstes Lächeln, „Sandra hat von ihrer Konzernchefin den Auftrag, die Niederlassungen des Unternehmens zu überprüfen. Sie ist dabei nicht allein, drei Mitarbeiter sind permanent mit ihr. Ihr Schwiegersohn wird selbstverständlich dabei benötigt, schließlich hat er das Vertriebsnetz aufgebaut. Sie sind jedoch jeden Abend wieder zurück und es ist Ihnen doch klar, dass unter den wachsamen Augen des Personals, vor allem Aishas Amme, ein Sex zwischen den beiden praktisch unmöglich ist.“

… Er sah mit Genugtuung, wie der Scheich zweimal zusammenzuckte, als er die Übersetzung seines Sohnes hörte. Marco hatte die Worte ‚Amme‘ und ‚Sex‘ mit Bedacht gewählt, er wollte seinem Gegenüber zeigen, dass er auch dagegenhalten konnte.

… Aishas Váter nahm einige Schlucke vom Araq, bevor er diesen wieder an Marco weiterreichte. Der nahm den Schlauch, fuhr aber zunächst fort: „Und dazu kommt, dass Ihre Tóchter und Faris zu unseren besten Freunden zählen, und ich meiner Frau vollkommen und blind vertraue. Und Ihrem Schwiegersohn auch. Das gilt umgekehrt ebenso, was Aisha und mich betrifft.“

… Marco wusste, dass das Eis, auf dem er sich bewegte, reichlich dünn war, aber er konnte erkennen, dass seine Worte ihre Wirkung nicht verfehlten. Mittlerweile spürte er den Schnaps, glaubte aber festzustellen, dass er sich mit seinen Aussagen den Respekt der Anwesenden erworben hatte. Und als er Aishas Mutter ins Gesicht blickte, vermutete er ein leises Lächeln, während sie zustimmend nickte. Aber sicher war er sich nicht, ob sie nicht doch mehr wusste.

… Das fand etwa eine Stunde später seine Bestätigung. Der Scheich hatte eine gute Nacht gewünscht und Marco war von einem Wachsoldaten zu seinem Zelt begleitet worden. Er freute sich darauf, sich niederlegen zu können, denn nur so konnte er den Alkohol loswerden, aber daraus wurde vorerst nichts, denn es klopfte am Holzpfosten, der den Türstock der Eingangstür bildete.

… Herein kam der jüngere Sohn des Scheichs und entschuldigte sich sofort dafür. Marco hatte mittlerweile gelernt, dass man einen Gast auf dem weichen Teppich Platz nehmen ließ, der die Mitte des Zelts einnahm.

… Bevor sich der Ankömmling im Schneidersitz niederließ, brachte er zwei Flaschen Heineken zum Vorschein, die bereits geöffnet waren. „Ich nehme an, das ist leichtere Kost für Sie. Sie zeigen durch unseren Araq schon ziemlich Wirkung“, lächelte er, „mein Váter hat versucht, Sie betrunken zu machen, aber das ist ihm scheinbar doch nicht ganz nach seiner Vorstellung gelungen.“

… Marco musste lachen. Der Mann gefiel ihm. Er wusste, von Aisha, dass er zehn Jahre jünger als sie war. Er sprach ein absolut fehlerfreies Englisch.

… „Was führt Sie denn zu mir?“

… „Meine Mutter schickt mich. Sie möchte Ihnen etwas mitteilen. Selbst zu Ihnen zu kommen, ist ihr verwehrt, wie Sie sicherlich wissen.“

… „Das ist mir klar“, erwiderte Marco, „worum geht’s denn?“

… „Zuerst, lassen Sie mich sagen, wie sehr wir beeindruckt sind, meine Mutter, mein Bruder und ich. Wir erleben es selten, dass irgendjemand meinem Váter argumentativ und rhetorisch so geschickt kontert wie Sie, Marco. Sie haben ihn von etwas überzeugt, was nicht den Tatsachen entspricht. Das gelingt nur selten.“ Er stieß mit Marco an und beide nahmen einen Schluck aus der Bierflasche.

… Marco betrachtete Aishas jüngeren Bruder aufmerksam. Es war ihm nicht klar, was sein Besucher bezweckte, und er besaß nicht die nötige Einfühlungsfähigkeit, um das zu erkennen. In diesem Moment bedauerte er, dass Sandra nicht bei ihm war.

… Aishas Bruder erläuterte nun seine Anwesenheit: „Mein Besuch bei Ihnen ist nur meiner Mutter bekannt, nicht meinem Váter oder meinem Bruder. Dabei soll es auch bleiben. Ist das okay für Sie?“

… Marco war verwirrt, aber er stimmte zu. „Warum denn diese Heimlichtuerei?“, fragte er.

… „Ganz einfach. Es ist gefährlich für unsere Familie, hier in unserem Land, darüber zu reden, aber meine Mutter ist überzeugt davon. Sie haben Sex mit meiner Schwester und Faris mit Ihrer Frau.“

… Marco wollte entsetzt auffahren, aber Aishas Bruder beugte sich vor und drückte ihn wieder in den Schneidersitz zurück. „Haben Sie bitte keine Sorge. Mein Váter und mein älterer Bruder haben keine Ahnung. Meine Mutter ist sehr talentiert im Erkennen von Gefühlen. Sie sagt, sie hätte das bei meiner Schwester festgestellt und auch bei Ihnen, trotz Ihrer bestechenden Argumente vorhin im Zelt meiner Eltern. Deshalb sagte ich, dass Sie meinen Váter überzeugt haben.

… Jetzt war Marco wirklich vor den Kopf geschlagen. Stumm betrachtete er den Überbringer der verfänglichen Nachricht. In mehreren Zügen trank er nun seine Bierflasche leer, er benötigte Zeit, um sich zu sammeln.

… Aishas Bruder meldete sich erneut: „Wissen Sie, Marco, für mich ist das kein Problem. Ich habe in den USA so einiges erlebt. Aber jetzt bin ich verheiratet und ich liebe meine Frau. Ich habe von Aisha gelernt, wie sie und Faris einander zu lieben begonnen haben und seither miteinander glücklich sind. Ich bewundere die beiden dafür, was sie erreicht haben. Und wenn sie glauben, mit Ihnen und Ihrer Frau einvernehmlich Sex haben zu müssen, dann sollen sie. Wir leben schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert.“

… Marco starrte ihn an: „Ist das wirklich Ihr Ernst?“

… „Aber sicher“, lächelte Aishas Bruder, „aber es ist vor allem meine Mutter, die das so sieht. Sie ist heute eine álte Frau und sie ist in den Traditionen gefangen, die unsere Gesellschaft ausmachen, aber Aishas Freiheitsdrang kommt von ihr. Sie hat es bei allen Restriktionen geschafft, ihren Töchtern diejenigen Werte zu vermitteln, die Aishas heutigen Erfolg ausmachen. Sie war es auch, die meine Frau für mich ausgewählt hat. Das war eine perfekte Wahl, denn wir teilen unsere westlichen Ansichten. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass meine Frau mit Aisha zusammenarbeitet, wenn es um die Ausbildung unserer Mädchen im Stamm geht.“

… Marco war von dieser Information vollkommen überrascht: „Nein, das wusste ich bisher nicht. Aber von Aisha wissen wir, wie stark sie sich bei solchen Themen engagiert.“

… „Der ganze Stamm ist hingerissen von Aishas Arbeit. Im Prinzip fressen ihr alle aus der Hand. Mein Váter und mein Bruder wissen ganz genau, wie wichtig Aisha ist. Sie würden nie etwas gegen sie übernehmen. Trotzdem ist es besser, sie erfahren nichts darüber, was Aisha und Sie so treiben. Das würde massive Probleme erzeugen.“

… Jetzt noch zu leugnen hatte überhaupt keinen Sinn. „Was schlagen Sie also vor?“, war deshalb Marcos Frage.

… „Seien Sie weiterhin vorsichtig. Vermeiden Sie körperlichen Kontakt, wenn Sie in unserem Land sind. Meine Mutter wird garantiert nichts sagen. Sie will das Glück ihrer Tóchter nicht aufs Spiel setzen und sie wird meinem Váter nichts erzählen. Und ich werde mich auch daran halten, versprochen.“

… Marco blieb nichts anderes übrig, als Aishas Bruder und ihrer Mutter zu vertrauen. Was hätte er auch sonst tun können? Das war eine derjenigen Situationen, vor denen er sich fürchtete. Normalerweise hielt er das Heft in der Hand, aber diesmal war er abhängig vom Verhalten anderer Menschen, nein, eigentlich nicht er, denn es betraf Sandra und ihn nur am Rande, aber Aisha und Faris, die ja ihren Lebensmittelpunkt in den Emiraten hatten.

… „Wissen Sie“, sagte er deshalb zu Aishas Bruder, „es geht mir überhaupt nicht um mich oder um meine Frau. Selbst wenn Ihre Behörden versuchen sollten, uns Probleme zu machen, werden wir nach Deutschland zurückkehren können. Die wirtschaftlichen Interessen Ihres Emirats würden dafür sorgen.“

… „Das ist ganz sicher so“, antwortete Aishas Bruder, „aber worum geht es Ihnen dann?“

… „Ausschließlich um unsere Freunde, Aisha und Faris. Ich möchte nicht, dass sie in irgendwelche Schwierigkeiten kommen.“

… Marcos Gesprächspartner lächelte jetzt: „Ich sagte Ihnen ja schon, die wird es nicht geben. Sie haben ja selbst erlebt, wie beliebt und geschätzt meine Schwester in unserem Stamm ist. Das festigt auch die Herrschaft meines Váters und künftig die meines älteren Bruders.“

——————–

… Am nächsten Tag, als sie im Landrover auf der Fahrt zurück in die Hauptstadt waren, berichtete Marco über seine Gespräche vom Vorabend. Der Scheich hatte für eine standesgemäße Begleitung gesorgt. Zwei Wächter mit aufgestellten Gewehren begleiteten sie, einer saß neben dem Fahrer, der zweite hinten neben Marco. Er beobachtete Aisha und jede ihrer Bewegungen. Die hatte ihnen gegenüber Platz genommen und gleich zu Beginn zur deutschen Sprache gegriffen, da es durchaus vorkam, dass die Stammesmitglieder oder der Fahrer ein wenig Englisch konnten.

… Marco juckte es gewaltig, Aisha in seine Arme zu nehmen, aber das war natürlich komplett ausgeschlossen. Nicht mal in ihre Nähe durften seine Hände kommen. Sie schien zu ahnen, was ihn bewegte, denn sie lächelte ihn lieb an und sagte: „Erst wieder bei euch in Deutschland, Marco.“ Dann erklärte sie ihm, warum sie bei dem Gespräch am Abend zuvor nicht dabei sein konnte. „Sich meinem Váter zu widersetzen, ist sehr schwierig, auch für mich. Ich habe gehofft, dass du dich richtig verhalten würdest, denn ich ahnte, dass mein Váter dich aufs Glatteis führen wollte.“

… Marco musste an dieser Stelle unterbrechen: „Du kennst dieses deutsche Sprichwort?“

… Aisha strahlte ihn an: „Ja, ich habe schon seit längerer Zeit eine Privatlehrerin, mit der übe ich solche Phrasen.“

… Marco war wieder einmal verblüfft. Diese Frau überraschte ihn immer wieder, sie war einfach überwältigend. Ihr Deutsch war innerhalb kurzer Zeit sehr gut geworden.

… Dann preschte er vor: „Deine Mutter und dein jüngerer Bruder wissen von uns.“ Er erzählte ihr in kurzen Worten vom Gespräch mit ihrem Bruder. „Ich habe damit keine Not, aber ist das für dich wirklich okay? Dein Bruder meinte, dass das kein Problem sei.“

… Aisha lächelte: „Da hat er Recht, Marco. Mein Bruder und ich waren immer schon enge Vertraute. Und seine Frau hilft mir bei meinen Vorhaben. Für beide lege ich meine Hand ins Feuer.“

… ‚Wieder eine Redewendung‘, dachte Marco bei sich, ‚die Aisha beherrscht.‘

… „Und meine Mutter war immer auf der Seite ihrer Kijnder. Sie hat mir den Freiheitswillen eingeimpft, obwohl sie selbst nicht offen so leben konnte. Aber sie steuert meinen Váter sehr geschickt.“

… „Das habe ich gestern Abend gemerkt“, meinte Marco dazu.

… „Ich habe heute vor der Abfahrt noch mit meinem Bruder gesprochen. Er hat mir von den Gesprächen erzählt. Meine Mutter hat meinen Váter in eine bestimmte Richtung gelenkt und du hast perfekt gekontert. Mein Váter und mein älterer Bruder waren misstrauisch wegen Faris‘ Dienstreisen mit Sandra und weil du mich zu meinem Stamm begleitet hast, aber das ist alles ausgeräumt. Weißt du, Marco, mein Váter ist ein sehr guter Scheich, er hat großen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg unseres Stammes, er ist auch schlau und hat eine gute Menschenkenntnis. Aber in manchen Dingen ist er etwas naiv und da wird er von meiner Mutter sehr geschickt gelenkt. Im Prinzip sind die beiden seit Jahrzehnten so ein Ehepaar, wie du das mit deinen Regeln propagierst, aber zeigen können sie das nicht. Sie sind zu sehr verhaftet in ihrer Kultur, ihrer Tradition und ihrem hohen gesellschaftlichen Status.“

… Aisha machte eine kurze Pause, dann ergänzte sie: „Kannst du ermessen, wie sehr ich beide liebe? Und meine Brüder?“

… „Ja, meine Liebe, das kann ich, und ich kann nur hoffen, dass sie Stillschweigen bewahren über das, was sie von uns wissen.“

——————–

… Am Freitag flogen sie zu viert nach Ägypten. Sandra und Faris hatten ihre Dienstreisen abgeschlossen und ohne dass Sandra und Marco das geahnt hatten, hatte Faris diesen kleinen Ausflug organisiert.

… In der Innenstadt von Ras al-Khaimah gab es einen kleínen Laden, der eine Vielzahl von Duftstoffen anbot, entweder aus einer Grundessenz hergestellt oder in beliebigen Mischungen. Man konnte diese Duftstoffe als Rohsubstanzen kaufen oder aber auch in Form fertiger Parfums. Aufgrund der sehr gehobenen Preise wurde der Laden fast nur von Damen der Oberschicht frequentiert.

… Aisha kaufte dort hin und wieder etwas, nicht oft, wie es Marco schien, denn nur selten hatte er bei Aisha derartige Düfte wahrgenommen und immer sehr dezent. Aisha hatte Sandra auch schon dorthin mitgenommen, aber die hatte nie etwas gekauft, denn eigentlich mochte sie keine Parfums. Und Marco hatte das bei ihr nie vermisst, wenngleich er Pennys Duft von Anfang an geliebt hatte. Er wusste, dass sie ein bestimmtes Parfum benutzte, das sie zeitweise aus Ohio mitbrachte.

… „Irgendwann hatte der Besitzer des Ladens Aisha vorgeschlagen, doch einmal seinem Lieferanten in Assuan direkt einen Besuch abzustatten, dort könne man alles über Herstellung und Gebrauch lernen. Aisha hatte diese Idee gefallen und Faris hatte alles vorbereiten lassen.

… Es ging also nach Assuan. Zeitig am Morgen startete die gecharterte Privatmaschine in Dubai und dreieinhalb Stunden später hatten sie die Einreiseformalitäten in Ägypten bereits erledigt. Eine große Limousine brachte die vier zu ihrem Hotel, das direkt am Nil lag und eine wunderschöne Aussicht bot.

… Nach einem verspäteten Mittagessen wurden sie als besondere Gäste durch die Manufaktur ‚Aswan Reservoir Perfume Palace‘ geführt. Marco tauchte da in eine für ihn bisher vollkommen fremde Welt ein und ein kurzer Gedankenaustausch mit seinem arabischen Freund zeigte ihm, dass es diesem genauso erging. Sie wurden von einem der Vice Presidents persönlich durch die Räumlichkeiten geführt. Sie erfuhren, dass in mehreren Familienbetrieben in Assuan die öligen Basisessenzen für die ganze Welt erzeugt wurden. Sämtliche Parfümhersteller auf dem Globus kauften hier ein. Sie lernten, dass die pflanzlichen Grundstoffe in großen Mengen aus verschiedenen Teilen Ägyptens, aber auch aus dem Ausland zugekauft wurden, von landwirtschaftlichen Betrieben jeder Größe, die sich oft auf ganz bestimmte Produkte spezialisiert hatten.

… Der Herstellungsprozess war für manche Essenzen kompliziert, für andere weniger, aber immer nach bestimmten Rezepten, die die Manufakturen als Familiengeheimnisse hüteten. Sie erfuhren auch, dass die Kunden, also die Parfümhersteller, wiederum nach eigenen Rezepten verschiedene Basisessenzen mit weiteren Zusatzstoffen mischten und auf diese Weise ihre Endprodukte erzeugten, die dann in Parfümerien oder Drogerien verkauft wurden.

… Nach einer Kaffeepause begann die Probierstunde. Der Vice President stellte seine Schwester vor und zu zweit ließen sie ihre Gäste nun einige Dutzend Duftstoffe ausprobieren, indem sie ihnen kleinste Tropfen der öligen Flüssigkeiten auf Handwurzel oder Handrücken tropften.

… Ein Kaleidoskop an Düften entfaltete sich den beiden Ehepaaren. Etwas Derartiges hatten sie noch nie erlebt.

… „Das ist viel intensiver als das, was mein Händler zu Hause anbietet“, meinte Aisha.

… Der Vice President lächelte: „Selbstverständlich, Madam. Zunächst muss er sich bei der Anzahl einschränken, denn er kann nicht alle Varianten vorhalten, das würde seine Möglichkeiten bei Weitem übersteigen. Meist konzentrieren sich unsere Abnehmer auf jene Essenzen, die ihrer Erfahrung nach von ihren Kundinnen gekauft werden. Und das sind meist wenige, denn ihr eigentliches Geschäft sind fertige Parfums. Und diese enthalten die Duftstoffe natürlich in verdünnter Form und das erklärt, warum Sie unsere Produkte hier als intensiver empfinden.“

… Er machte einen kurze Pause, dann fuhr er fort: „Wir zeigen Ihnen heute deutlich mehr Varianten als normalerweise unseren Besuchern und Reisegruppen, trotzdem ist das nur ein kleíner Ausschnitt unseres Gesamtsortiments.“

… „Diesen Geruch kenne ich“, sagte Marco plötzlich. Er war der Erste in der Reihe, der eine neue Essenz auf seine Hand bekam. „Das ist doch Pennys Duft.“ Er blickte seine Frau an, die neben ihm saß und an ihrem eigenen Tropfen roch.

… „Ja, mein Liebling“, antwortete sie, „das ist Penny. Wir müssen ihr unbedingt ein Fläschchen mitbringen. Vielleicht gefällt ihr die Essenz ja besser als das fertige Parfüm.“

… Der Vice President hatte still zugehört, während seine Schwester nun Aisha und Faris mit dem Duftstoff versorgte. Die beiden taten sich schwerer mit der Beurteilung und blieben unsicher.

… „Die Pflanze, die hinter dieser Essenz steckt, Sir, ist Papyrus“, sagte ihr Gastgeber nun.

… „Papyrus? Der wird doch zur Herstellung von Schreibmaterial verwendet“, wunderte sich Marco.

… „Natürlich, Sir. Aber Sie sehen, dass eine geeignete Bearbeitung bestimmter Teile der Pflanze einen perfekten Duftstoff ergibt“, lächelte der Vice President und fügte hinzu: „Selbstverständlich muss man wissen, wie, aber das ist eben unser Geheimnis.“

… Marco lächelte zurück: „Der Duft gefällt mir außerordentlich. Er ist nur viel intensiver als bei unserer Freundin.“

… „Natürlich, das hatten wir schon. Es ist eine Frage der Dosierung und der Weiterverarbeitung. Ich nehme an, dass Ihre Freundin ein Parfüm verwendet.“

… Marco zuckte die Achseln, er hatte keine Ahnung, aber Sandra meldete sich: „Ja, sie nutzt den Stoff als Parfüm. Aber wir werden ihr auf alle Fälle die Essenz mitbringen.“

… „Wir freuen uns, wenn Sie etwas bei uns bestellen. Aber notwendig ist das nicht, denn wir leben hauptsächlich von den Mengen, die wir in alle Welt verschicken. Und das nicht schlecht.“ Er lächelte erneut.

… Seine Schwester drückte jedem ihrer Gäste eine Liste in die Hand, auf der die Namen aller Essenzen standen, die sie durchprobiert hatten. Der Vice President hatte Recht. Die Preise konnten sich sehen lassen, die Manufaktur schien gut zu verdienen.

… „Sie können ein Kreuzchen machen bei jenen, die Sie eventuell mitnehmen wollen. Dazu können Sie jederzeit erneut eine Probe von uns erhalten, um ganz sicherzugehen. Und noch etwas, meine Damen und Herren, wir werden Sie jetzt auch etwas in das Thema ‚Mischungen‘ einführen. Für bestimmte Effekte sollten Sie zwei oder sogar drei unserer Produkte mischen. Dazu werden wir uns aber jetzt trennen. Die Damen bleiben mit meiner Schwester hier und die Herren darf ich in den Nebenraum bringen. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“

… Der Vice President hatte sich schon umgedreht und war im Gehen begriffen, als Faris sich meldete: „Warum denn das?“

… „Das ist ganz einfach, Sir. Die körperlichen Bedürfnisse von Damen und Herren sind unterschiedlich und unsere Stoffe können darauf eine Antwort geben, also kommen Sie bitte.“

… Marco und Faris blickten sich an. Dann zuckten sie die Achseln und folgten der Aufforderung ihres Gastgebers. Kurz vor Verlassen des Raums blieb Marco stehen und horchte nach hinten. Die Schwester des Vice President sagte gerade: „Meine Damen, wir schauen uns nochmals die Essenzen an, die für Sie besonders interessant gewesen sind. Darüber hinaus werde ich Ihnen auch einiges erzählen über …“ Den Rest hörte er nicht mehr.

… Der Nebenraum war genauso ausgestattet wie der Raum, aus dem sie gerade gekommen waren. Nachdem Faris und Marco Platz genommen hatten, gingen sie zunächst die Liste durch, die sie in Händen hielten, probierten da und dort und überlegten.

… „Wir beginnen mit der einfachen Übung“, warf der Vice President nun ein, „gibt es einen Duft, den Sie gerne Ihren Frauen schenken würden?“

… „Im Moment sehe ich für meine Frau nichts, aber dieses ‚Papyrus‘ für Penny“, erwiderte Marco.

… „Naja“, meinte Faris, „meine Frau benutzt selten Parfüms, aber wenn, dann verschiedene. Welche Menge müsste es denn jeweils sein?“

… „Das ist nicht leicht zu beantworten. Unsere Gebinde reichen von zehn bis tausend Milliliter. Die Haltbarkeit unserer Produkte ist gesichert, wir haben viele Fälle, die nach zehn Jahren und mehr noch völlig in Ordnung waren. Aber ich würde zu kleíneren Gebinden raten, Sie können ja jederzeit nachbestellen. Eine Dame, die ihren Duftstoff zweimal täglich nimmt, benötigt etwa achtzig Milliliter pro Jahr, also einen Viertelliter für drei Jahre. Ihre Ehepartnerinnen kommen vermutlich mit einer deutlich geringeren Menge aus. Wenn Ihre Frau, Sheik Faris, Sir, sagen wir vier verschiedene Duftstoffe verwendet, genügt jeweils eine Flasche mit fünfzig Milliliter. Und wenn Sie das selten tut, reichen zehn bis zwanzig pro Essenz.“

… „Das klingt gut“, meinte Faris, „so machen wir es.“ Dann beugte er sich über die Liste und legte seine Bestellung fest.

… „Jetzt kommen wir zu den wesentlichen Punkten, die nur Sie betreffen, meine Herren“, legte der Vice President nach. „Sie müssen unbedingt wissen, dass unsere Duftstoffe nicht nur für den Wohlgeruch verwendet werden, nein, sie haben handfeste Anwendungsmöglichkeiten bei Krankheiten und bei der Manneskraft.“ Er lächelte und fügte sogleich hinzu: „Nicht dass ich bei Ihnen zweifle, aber wie heißt es so schön: ‚Vorsorgen ist besser als heilen.‘“

… Faris und Marco starrten ihren Gastgeber überrascht an. Der erläuterte ihnen nun, dass verschiedene Mischungen seiner Essenzen durchaus pharmazeutischen Nutzen hätten und gab einige Beispiele dazu, beispielsweise das Einmassieren einer bestimmten Mischung bei Rheuma. „Und es gibt nicht wenige Männer“, erläuterte er weiter, „die bevor oder während sie mit ihrer Frau beisammen sind, eine verstopfte Nase bekommen.“

… Marco horchte auf: „Das stimmt, das passiert mir manchmal. Was kann man denn dagegen tun?“

… „Fast immer, Mister Berlinghoff, Sir, hilft eine Mischung aus Eukalyptus und Pfefferminz, halb und halb. Sie haben ja vorhin diese Bestandteile einzeln probieren können. Jetzt passen Sie mal auf, Sir.“

… Der Vice President suchte zwei Fläschchen heraus, aus denen er jeweils einen Tropfen auf Marcos Handrücken träufelte. Mit einem kleínen Stäbchen verrührte er diese, was Marco etwas kitzelte.

… „Sie müssen diese Mischung jetzt ganz tief inhalieren“, sagte der Vice President.

… Marco tat, wie ihm geheißen und er spürte einen scharfen, reinigenden Durchzug bis in seine Lunge, zumindest bildete er sich das ein.

… „Nehmen Sie eine leere Flasche und mischen Sie die beiden Öle je zur Hälfte, dann betupfen Sie damit ein Taschentuch, egal ob aus Papier oder Stoff, und inhalieren sie einige Male tief. Sie werden für mindestens zehn Minuten keine Probleme mit der Nase haben. Und zwischendurch können Sie das beliebig oft wiederholen, Sie können so viel davon inhalieren, wie Sie zu brauchen glauben, es gibt keinen Gewöhnungseffekt und macht sicher nicht süchtig. Probieren Sie es einfach in nächster Zeit aus.“

… „Wow“, meinte Marco dazu, „die Mischung zieht wirklich durch.“

… „Nicht wahr?“, antwortete der Vice President zufrieden. „Und ich möchte noch auf Eines hinweisen. Wenn Sie Viagra oder eines seiner Derivate nehmen, dann steht eine mögliche Verstopfung Ihrer Nase sogar als Nebenwirkung auf dem Beipackzettel. Mit unserer Mischung können Sie dagegen angehen.“ Er sah seine Gäste an und grinste: „Nicht, dass Sie beide diese Belehrung im Moment nötig haben, aber Sie wissen, meine Herren, niemand wird jünger.“

… Marco und Faris schrieben die auf diese Weise angepriesenen beiden Stoffe auch noch auf ihre Bestellblöcke, die ihr Gastgeber mit wohlwollender Miene entgegennahm.

… „Es ist doch ein Verkaufstrick“, meldete sich Marco nun, „dass Sie uns von unseren Frauen getrennt haben. In der Psychologie ist bekannt, dass die meisten Frauen mehr kaufen, wenn ihre Ehemänner nicht dabei sind.“

… Der Vice President nickte jovial: „Wir nutzen natürlich die Erkenntnisse Ihrer westlichen Verkaufspsychologie. Sie haben selbstverständlich Recht, aber das gilt auch umgekehrt. Wir wissen, dass Herren bereit sind, mehr für ihre Frauen zu investieren, wenn die nicht anwesend sind.“

… Ob dieser entwaffnenden Ehrlichkeit mussten Marco und Faris lachen. Ihr Gastgeber ergänzte noch: „Vielleicht erleben Sie ja heute Abend noch eine Überraschung“, meinte er zweideutig, dann sprach er kurz in sein Telefon. Nachdem er aufgelegt hatte, ging es zurück zu Sandra und Aisha.

——————–

… Nach dem gemeinsamen Abendessen im Hotel, sie hatten es auf der Terrasse mit einem bezaubernden Blick über die nächtliche Stadt und den Nil eingenommen, hatten sich die Ehepaare voneinander verabschiedet. Marco und Faris hatten an ihren Frauen geschnuppert, aber keinen Duft wahrnehmen können.

… Sandra hatte nur gesagt: „Falls du an Aisha gedacht hast, mein Liebling, das kannst du dir abschminken. Heute Nacht gehörst du nur mir. Ich muss etwas ausprobieren.“

… Marco war verwirrt gewesen, er hatte eine Erklärung wollen, aber Aisha war ihm zuvorgekommen. Sie hatte Ähnliches ihrem Mann gegenüber bestätigt, dann hatte sie ihn sanft, aber bestimmt zum Lift geführt.

… Sandra und Marco hatten nur vier Stockwerke hinunter und die waren sie zu Fuß gegangen. Faris und Marco hatten in der Manufaktur eine ziemlich hohe Rechnung vorgesetzt bekommen. Aisha und Sandra hatten einiges gekauft, für Freundinnen, wie sie mitgeteilt hatten. Marco hatte danach mehrfach versucht, zu hinterfragen, was seine Frau für sich selbst gekauft hatte, aber die hatte jedesmal abgeblockt. „Warte, bis wir in unserem Zimmer sind“, war die einzige Reaktion, die er irgendwann dazwischen aus ihr herausbekommen hatte.

… Marco saß nun auf dem Bett, er hatte sich bereits ausgezogen und war fertig für die Nacht. Es war ihm klar, dass seine Frau irgendetwas vorhatte, sonst hätte sie ihm nicht gesagt, dass er ‚in dieser Nacht nur ihr gehöre‘. Prophylaktisch atmete er die gerade erworbenen Essenzen Eukalyptus und Pfefferminz tief ein, die ihm eine Angestellte freundlicherweise gemischt hatte. Vermutlich spielte ein Placebo mit, aber trotzdem, er fühlte sich frei, er begann diesen Geruch zu schätzen, und er würde beim Atmen seine Nase besser einsetzen können.

… Aber dann geschah das Unerwartete. Sandra kam zu ihm, in einem leichten Hotelbademantel, darunter schien sie nichts anzuhaben. Aber das war gar nicht der Punkt. Vielmehr war es der Geruch, den sie hauchartig verströmte, als sie sich nun an ihren Mann schmiegte. Ihr Nacken bis hinter die Ohren roch betörend. Marco zog seine Frau eng an sich und hörte nicht auf zu schnuppern. Er hätte niemals gedacht, dass es einen Duftstoff gab, der ihn sexuell erregen könnte. Aber dieser hier tat es. Sein Penis richtete sich auf, denn seine Geruchsnerven schienen über das Gehirn direkt in seine Genitalien zu feuern.

… „Willst du mich?“, hauchte Sandra, während sie sich an ihn presste.

… „Was für eine Frage!“ Marcos bestes Stück war prall und seine Nase war durch das Inhalieren seiner Eukalyptus-Pfefferminz-Mischung derart sensibilisiert, dass er gegen den Duft, der sie umströmte, nicht ankam. Der war so intensiv, da hatte Marco kein Gegenmittel.

… Nicht dass er eines gewollt hätte. Er liebte seine Frau mit jeder Faser seines Herzens und offenbar hatte sie eine neue Methode gefunden, ihn total hörig zu machen.

… Er warf sie nun aufs Bett und sie öffnete dabei einladend ihren Mantel. Sandra ergriff sein bestes Stück, lächelte ihren Mann an und ließ es in ihre Muschi gleiten. Die war klitschnass und Marco begann mit großem Genuss, sie zu penetrieren. Nicht direkt bewusst wurde ihm, dass er eigentlich vom Geruch seiner Frau gelenkt wurde.

… Er hatte nur eines im Sinn, nämlich seine Frau zu stoßen und ihr maximale Lust zu verschaffen. Sie röchelte dabei, als sie ihm zu sagen versuchte, er solle etwas schneller und härter machen, und er beeilte sich umgehend, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Und es machte ihn unsagbar glücklich, als sie ihren Orgasmus hinausschrie. Total fertig streckte sie alle Viere von sich.

… Auch Marco war geschafft, er war jedoch nicht gekommen, aber das war ihm egal. Er hatte sich nur auf seine geliebte Frau konzentriert, nur ihr Höhepunkt war wichtig. Er beugte sich zu ihrem Hals und sog ihren Duft ein, den neuen, unbekannten Duft, auf den er so sehr abgefahren war.

… Zweimal noch hatten sie in dieser Nacht Sex, einmal um Mitternacht, als sie ihn weckte und ganz sanft ritt, das zweite Mal gegen halb sechs, als Sandra Marcos Morgenlatte testete. Immer noch spürte Marco Sandras Geruch, nicht mehr so stark wie noch am Abend, aber er genügte, direkt in die Schwellkörper seines Glieds zu fahren.

… Man konnte es fast als magisch bezeichnen. Marco fickte seine Frau, was das Zeug hielt, er war aufgegeilt wie selten. Sandra schnurrte wie eine Katze, sie schien nicht genug kriegen zu können. Eine Pause gab es nur, wenn Marco tatsächlich eine solche benötigte. Aber Sandra nutzte dann die Gelegenheit, um sich auf ihn zu schwingen.

… Als sie schließlich vollkommen erschöpft nebeneinander kuschelten, sagte Sandra voller Inbrunst: „Weißt du, mein Liebling, wie großartig du bist?“

… „Hoffentlich“, krächzte Marco, „langsam, aber sicher geht das an meine Substanz. Wir sollten ein wenig leiser treten.“ Dann bemerkte er, dass seine Nase rechts ein wenig verstopft war. Er langte zum Nachtkästchen, angelte sich das Fläschchen mit der Eukalyptus-Pfefferminz-Mischung, öffnete es und sog inbrünstig den sich schnell ausbreitenden intensiven Geruch ein. Und wirklich, nur kurze Zeit später war sein Atemweg frei.

… „Zeig‘ mal her“, sagte Sandra, nahm ihm das kleíne Behältnis aus der Hand und roch daran. „Uh, das ist stark. Hast du das gestern gekauft?“ Offensichtlich hatte Sandra seine Einkäufe nicht mitbekommen, denn jeder der vier hatte diskret eine eigene Tüte erhalten.

… „Was hast du denn noch gekauft?“, fragte sie nun.

… „Sonst nichts“, erwiderte ihr Mann, „nichts für die Gesundheit, das schien mir nicht zweckmäßig. Nur die Papyrus-Essenz für Penny. Aber da habe ich zugegriffen.“ Er dachte an die Rechnung und musste schmunzeln. Er langte wieder zum Nachtkästchen und diesmal fischte er seine Geldbörse. Dort fand er die Rechnung der Manufaktur und begann sie zu studieren. „Nun raus mit der Sprache, meine Liebste, was hast du alles für dich gekauft und was ist das für ein Geruch?“

… Sandra kuschelte sich an ihn, betrachtete die Rechnung und zeigte dann mit ihrem Finger auf eine Position. „Sieh‘ mal, Liebling, nur das eine habe ich für mich genommen, alle anderen sind für Freundinnen, da hab‘ ich jetzt genug Geschenke für die nächste Zeit.“

… Marco sah sich die Position, auf die Sandra tippte, genauer an. Es waren hundert Milliliter einer Essenz, die den Namen ‚Secret of the desert‘ trug.

… „Ist es das, was du dir hinter die Ohren getan hast?“, fragte er seine Frau.

… Die strahlte ihn an: „Ja, mein Liebster, und sie hat gut gewirkt, oder?“

… Marco lächelte und zog sie fester an sich. „Und wie sie gewirkt hat. Ich habe den Geruch direkt im Pimmel gespürt. Es war, als wäre der direkt von meiner Nase gesteuert worden. Ich habe ja manchmal bei einer Frau ein Parfüm gerochen, bei Miriam oder Ulla zum Beispiel und ich habe das als angenehm empfunden, Pennys Geruch liebe ich sogar, wie du weißt, aber niemals hätte ich gedacht, dass ich durch einen Duft auf solche Weise erregt werden kann.“

… „Das ist viel besser als jedes andere Aphrodisiakum. Ich verspreche, den Duftstoff nur selten zu verwenden, mein Liebling. Nur, wenn wir beide Sex wollen und ich das Gefühl habe, dass er für dich nützlich ist.“

… „Deine Empathie, mein Liebling, ist genau einer der Gründe, warum ich dich über alle Maßen liebe. Aber was ich nicht verstehe, woher wusstest du, dass ich derart intensiv auf dieses ‚Secret of the desert‘ reagieren würde?“

… „Ich wusste es nicht, es war ein Versuch. Deshalb habe ich nicht zugelassen, dass du auf die Idee kommst, in dieser Nacht mit Aisha …“ Sie brach ab, etwas verlegen.

… Jetzt musste Marco lachen: „Sag‘ bloß, Aisha hat diese Essenz auch gekauft?“

… „Natürlich“, erwiderte seine Frau, „sie wollte ja von Faris dasselbe wie ich von dir.“

… Marco lachte weiter: „Ihr seid mir schon zwei Typen. Ich bin gespannt, ob es bei Faris auch so gut geklappt hat wie bei mir. Aber wenn es ein Versuch war, wie bist du denn auf die Idee gekommen?“

… Das war von Sandra schnell erzählt. Die Schwester des Vice President der Manufaktur war sehr verkaufstüchtig gewesen. Sie hatte über die Vorzüge verschiedener Essenzen für Schönheit, Wohlbefinden und Gesundheit gesprochen und Aisha und Sandra hatten einige davon auf ihre Bestellblocks geschrieben, vornehmlich als Geschenke. Dann war ihre Gastgeberin jedoch auf ein delikates Thema eingegangen. Es ging um Sex.

… „Ohne Ihnen, meine Damen, nahetreten zu wollen, aber wir hören von Kundinnen immer wieder, dass bei länger dauernden Beziehungen trotz aller Liebe das Interesse am Sex, sagen wir mal vorsichtig, nicht mehr so stark ist wie zu Anfang.“

… Sandra hatte dazwischengefunkt: „Ich bin sicher, dass das auf Aisha und mich und unsere Ehen nicht zutrifft.“

… Ihre Gastgeberin hatte daraufhin gelächelt: „Das ist sehr schön zu hören. Aber ich möchte Ihnen trotzdem darüber erzählen, wie unsere Essenzen helfen können, es ist ja möglich, dass das für Sie irgendwann in ferner Zukunft wichtig wird, einverstanden?“

… Natürlich war ein Widerspruch nicht möglich, also hatten Aisha und Sandra sich erklären lassen, was alles denkbar war, um den ehelichen Sex zu intensivieren. Es gab Duftstoffe zum Einmassieren in erogene Zonen oder sogar in die Geschlechtsteile zur Erhöhung der Libido, es gab verschiedene Essenzen zur sexuellen Stimulierung, aber auch zur Steigerung der Manneskraft.“

… Die beiden Damen hatten verschiedene angebotene Stoffe erkundet, waren aber schließlich bei denen für die Manneskraft hängengeblieben.

… „Es kommt darauf an, was das Anwendungsgebiet ist“, hatte ihre Gastgeberin erläutert, „bei echten medizinischen Problemen können unsere Duftstoffe natürlich nicht helfen, aber denken Sie daran, wenn Ihr Ehemann zum Beispiel Unlust hat oder wenig Interesse zeigt oder überarbeitet oder sonstwie gestresst ist. Wenn so etwas die Ursache für ein kleínes Problem mit dem … äh … Ihres Mannes ist, dann kann vielleicht eine Essenz helfen. Wir haben zu ‚Secret of the desert‘ viele positive Rückmeldungen bekommen.“

… Sandra und Aisha hatten an dem Tropfen geschnuppert, der auf ihre Handwurzel geträufelt worden war. „Der Duft ist sehr angenehm“, hatte sich Aisha vernehmen lassen, „aber ich erkenne keine potenzsteigernde Wirkung.“

… Ihre Gastgeberin hatte erneut gelächelt: „Sie sind eine Frau, Madam. Probieren Sie diese Essenz zu einer geeigneten Gelegenheit bei Ihrem Mann aus. Gerne können wir uns darüber per E-Mail unterhalten. Ich würde mich sogar sehr freuen, von Ihnen ein Feedback zu erhalten. Und im Vertrauen gesagt“, hatte sie ergänzt und sich fast verschwörerisch zu ihren beiden Kundinnen gebeugt, „damit bringe ich von Zeit zu Zeit auch meinen Ehemann auf Trab.“

… Das hatte den Ausschlag gegeben. Sowohl Aisha wie auch Sandra schrieben ‚Secret oft the desert‘ auf ihren Bestellblock.

… „Und sie hat Recht gehabt“, fügte Sandra nun ihrer Erzählung hinzu.

… „Ja, ich muss zugeben …“, dehnte Marco seine Antwort.

… „Jetzt habe ich etwas, was dich zu Höchstleistungen antreiben wird.“ Sandra sah ihren Mann an und brach in ein glockenhelles Lachen aus. „Glaubst du, dass wir nochmals können?“, fragte sie spitzbübisch.

… „Ich weiß nicht, du unersättliches Luder“, meinte Marco mit einem liebevollen Schmunzeln.

… Sie strahlte ihn an, dann stand sie auf und ging ins Bad. Als sie zurückkam und sich wieder an ihn schmiegte, roch er es. Sie hatte sich die Essenz erneut hinter ihre Ohren getupft. Es war nun fast sieben und Marco hatte sich erholt. Deshalb reagierte sein Schwanz ziemlich zügig auf Sandras Duft.

… Rational konnte Marco sich das nicht erklären, aber so unwillkommen war ihm das gar nicht. Er malte sich mögliche Zukunftsszenarien aus, wo er vielleicht wirklich einmal Unterstützung brauchen konnte, aber schnell verschwammen seine Gedanken und machten einer steigenden Erregung Platz. Seine Frau hatte begonnen, ihn zu verführen, und sie wusste ganz genau, wie sie das anzustellen hatte.

——————–

Heute (Dienstag, 19. November 2024)

… Sandra hat ihr Versprechen eingehalten. Sehr selten hat sie ‚Secret of the desert‘ benutzt, um unseren Sex zu unterstützen. Es gab also für mich keine Möglichkeit, mit der Zeit gegen diesen Duftstoff abzustumpfen. Immer noch führt er, wenn ich ihn an meiner Frau erschnuppere, schnell zu einer Erektion, und immer noch haben weder ich noch diverse Fachleute, die ich in der Zwischenzeit befragt habe, eine wirklich schlüssige Erklärung dafür.

… Genaugenommen ist es bereits die Erinnerung an jenen Ausflug nach Assuan, die meine Erregung wachsen lässt, die Erinnerung an den intensiven Sex mit meiner Frau aufgrund jenes Duftstoffs ist eine der besonders aufregenden in unserer Beziehung.

… Es ist kurz vor halb acht Uhr abends. In einer halben Stunde sind meine Frau und ich Gäste des Besitzerehepaars der Kochschule in Lyon, an der unser Ziehsohn Dominic, der leibliche Sohn unserer besten Freundin Penny und ihres unvergessenen Mannes David, vor zwei Monaten seine Ausbildung zum Sternekoch begonnen hat.

… Wir sind auf einer Tour durch einige Länder Westeuropas, um Recherchen für unser Archiv zu betreiben. Gestern Abend und heute Vormittag haben wir Gespräche in Genf geführt, nachmittags sind wir mit dem waldenfels’schen Bürobus hierhergekommen. Morgen müssen wir nach Toulouse, danach geht es nach Norden.

… Derzeit ist es nebelig und kalt in Lyon. Sandra fühlt sich etwas klamm in dem Zimmer, welches uns die Besitzer der Schúle in ihrem Gästehaus zur Verfügung gestellt haben. Der Komfort ist bescheiden, aber ‚einem geschenkten Gaul schaut man eben nicht ins Maul‘.

… Ich habe gerade noch an diverse Schriftstücke Hand anlegt, auch habe ich die Fortsetzung unserer Geschichte bis auf die letzten beiden Seiten unter Dach und Fach gebracht.

… Wir haben Lyon in unsere Reiseplanung aufgenommen, weil Dominic darum gebeten hat. Er hat ein Thema, das er besprechen will, nicht mit seiner Mutter Penny, nicht mit seiner Sandra-Mam, sondern nur mit mir, persönlich unter vier Augen.

… Wenn eins unserer Kiinder ein solches Gespräch mit Nachdruck möchte, ist es für mich völlig klar, überallhin zu kommen, egal wo in der Welt. Das habe ich Dominic in einem Telefonat mitgeteilt und deshalb sind wir hier.

… Vor etwa einer Stunde ist das geplante Gespräch mit Dominic zu Ende gegangen. Ich liebe den jungen Mann sehr, er wirkt für seine neunzehn Jahre besonnen und reif. Mehrere Váter -Sohn-Gespräche haben wir hinter uns, auch im Rahmen der Vorbereitung auf sein Abitur.

… Sehr schnell ist mir klargeworden, warum Dominic nur mit mir sprechen wollte. Der Grund hieß ‚Marie-Nicolette‘.

… „You must know, dad, that I love Nico. But I’m not sure what do to next.”

… Ja, als Penny und Sandra ihn ihm September zum Dienstantritt begleitet haben, war bei ihnen schon das Gefühl dagewesen, dass sich zwischen Dominic und der außerordentlich hübschen Adoptivtochter der Eigentümer der Kochschule etwas anbahnen könnte.

… Wenn eins meiner Kjnder sich in Englisch ausdrückte, war es für mich klar, in derselben Sprache zu antworten.

… „Horche in dich hinein, mein Sohn“, habe ich also auf Englisch gesagt, „du liebst sie, sagst du. Weil sie sie selbst oder weil sie die Tóchter deiner Chefs ist?“

… „Dad“, hat sich Dominic entrüstet, „was denkst du denn? Es ist mir völlig egal, wer ihre Eltern sind.“

… „Okay, okay“, ist meine Antwort gewesen, „wie denkt denn deine Nico darüber?“

… „Ich glaube, sie mag mich auch.“

… „Du glaubst? Also bist du dir nicht sicher. Hast du sie nicht gefragt? Ihr seid doch vermutlich oft bei der Arbeit zusammen.“

… „Ja, tagsüber sehr oft. Im Unterrichtsraum sitzen wir nebeneinander und in der Küche und bei den praktischen Übungen im Servieren sind wir in derselben Gruppe. Direkt gefragt habe ich sie nicht, aber sie hat sich in der ersten Unterrichtsstunde neben mich gesetzt und dabei ist es geblieben. Wir waren auch schon ein paarmal miteinander aus, wir haben Sport gemacht, sind gewandert und waren im Kino.“

… „Sehr gut“, habe ich erwidert, „von wem ging denn die Initiative aus?“

… Verlegen hat er mich angesehen: „Eigentlich von Nico. Sie hat auch einmal meine Hand gefasst und gesagt, dass es schön sei, mit mir unterwegs zu sein. Und noch etwas, sie hat zu Beginn ihre Eltern gebeten, uns beide in dieselbe Ausbildungsgruppe zu stecken.“

… Jetzt habe ich wirklich schmunzeln müssen. Dominic ist ja bereits neunzehn, aber in Sachen ‚Mädchen‘ so unbeholfen wie sein Váter David es war. Naja, eigentlich ging es mir genauso, aber wir waren jünger, als Sandra und ich zusammengekommen sind. „Und da glaubst du nur, dass sie dich mag? Ach, mein Sohn, es spricht doch alles dafür, dass sie dich außerordentlich gern hat. Das ist doch genau, was du möchtest.“

… „Damit beginnt aber mein Problem, Dad.“

… „Ich verstehe nicht ganz. Was ist denn dein Problem, Dominic?“

… „Ach, du verstehst schon, Dad. Du weißt doch, ich habe noch nie … Was ist, wenn es nicht geht? Wenn ich alles vermassle? Wenn sie schon Erfahrung hat und mich auslacht?“ Sogar ich habe gemerkt, wie unsicher sich Dominic bei dieser Aussage gefühlt hat.

… Aber derartige Argumente kenne ich zu Hunderten. Dominic fühlt sich in derselben Situation wie nicht wenige andere junge Männer auch. Sie sind unerfahren, glauben aber, sich als besonders gute Liebhaber erweisen zu müssen. Es fällt nicht schwer, mit realistischen Ratschlägen darauf einzugehen.

… „Zunächst, mein Sohn, denke bitte an unsere früheren Gespräche. Dir waren Schúle und Hobbys wichtiger als eine Freundin, es war einfach zu wenig Zeit für eine solche, und das war absolut okay. Ich sagte dir damals, dass ein geeignetes Mädchen irgendwann schon auftauchen würde, und jetzt ist es anscheinend so weit, richtig?“

… „Ja, Dad, Nico ist, ich weiß nicht … wenn ich an sie denke, dann … dann …“

… „Klar doch“, habe ich ihn angelächelt, „das haben wir schon festgestellt, du liebst dieses Mädchen. Und es wird irgendwann so weit sein, dass ihr im Bett landet. Und vielleicht wird es nicht auf Anhieb klappen oder es wird bei dir zu schnell gehen und deine Nico wird vielleicht beim ersten Mal nicht so viel davon haben. Ich verstehe deine Sorge sehr gut.“

… Ich habe mich neben ihm aufs Bett gesetzt und meinen Arm um ihn gelegt. Der Junge ist ein Prachtkerl von Mann, ganz die Statur und das Aussehen seines Váters. Er ist sportlich, intelligent und witzig. Es ist für mich kein Wunder, dass er auf Mädchen attraktiv wirkt. Das hat er früher auch schon, aber da waren ihm eben andere Dinge wichtiger. Aber jetzt ist er bereit für seine erste Liebesbeziehung und die Tóchter seiner Chefs scheint das zu erkennen. Meine Sympathie für diese Nico ist sprunghaft gewachsen.

… Dann habe ich angefangen, Klartext zu sprechen: „Ja, mein Sohn, das alles könnte passieren. Es kommt oft vor, dass ein junges Paar erst lernen muss, guten Sex zu haben. Du kennst doch die Regel: Gemeinsam üben und langsam beginnen, miteinander zu reden, aber nicht gleich zu Anfang, nicht zu früh, denn zuerst lasst ihr die neuartigen Erlebnisse einfach auf euch wirken. Du wirst schon merken, wann es gut ist, zu reden, dann aber sollst du keine Scheu haben. Und es ist völlig egal, ob einer schon Erfahrung hat und der andere nicht. Du bist ein gesunder junger Mann, medizinisch ist alles in Ordnung, also wird es sicher klappen. Versuche nicht, mit der Brechstange zum Ziel zu kommen. Lasst es langsam angehen, beginnt mit Küssen, Streicheln, Kuscheln, erkundet eure Körper. Alles Weitere kommt von selbst. Und wenn ihr beim ersten Mal nicht zum Ziel kommt, dann eben später. Erinnere dich an meine Geschichte, bei Sandra-Mam und mir hat es sogar einige Wochen gedauert, bis wir schließlich ‚richtigen‘ Sex hatten.“

… Er hat mich angesehen und sein Gesicht hat sich etwas aufgehellt. „Aber Nico …?“

… „Was soll mit ihr sein? Ich bin ganz sicher, dass sie von dir nicht den perfekten Liebhaber erwartet. Warum auch? Wahrscheinlich ist sie auch noch Jungfrau, und wenn nicht, dann hat sie vermutlich nicht viel Erfahrung. Aber selbst wenn, wird sie dich nicht auslachen, denn das würde bedeuten, dass sie nur auf Sex aus ist. Solche Frauen gibt es, aber dafür ist deine Nico viel zu jung. Im Gegenteil, sie wird genauso unsicher sein wie du und ihr werdet gemeinsam lernen, wie es geht. Lass‘ dich auf sie ein ohne viel nachzudenken, sobald sie bereit dafür ist.“

… Dominic ist sehr dankbar gewesen, das konnte ich erkennen. Wir haben noch ein bisschen darüber geplaudert, wie er den ersten Schritt für ein Zusammensein im Bett angehen könnte, dann habe ich ihn an mich gedrückt und bin zu Sandra zurück.

… Jetzt sitzen wir beim Abendessen, es ist einfache französische Hausmannskost, von der Chefin perfekt zubereitet. Dazu eine Flasche Bordeaux. Der Hausherr zeigt mir das Etikett, aber es sagt mir nicht viel, bei französischen Weinen kenne ich mich nicht aus.

… Wir sind zu sechst, das Eigentümerpaar, ihre Tóchter, Sandra, Dominic und ich. Die Unterhaltung ist ausgesprochen vergnüglich, wenngleich der Haubenkoch nicht so gut und seine Frau eher mäßig Englisch sprechen, immer noch besser jedoch als unser Französisch.

… Marie-Nicolette ist ein bezauberndes Mädchen mit einer fast ebenholzfarbenen Haut, dunkler als die von Dominic, ähnlich der seines Váters David. Ihre ebenmäßigen Gesichtszüge, ihre großen Augen und ihre langen rabenschwarzen Haare machen sie zu einem echten Hingucker. Sie ist zwar großgewachsen, etwa so groß wie Sandra, aber trotzdem einen halben Kopf kleíner als Dominic.

… Ich muss mich zusammenreißen, um sie nicht zu auffällig zu mustern, meiner Sandra fällt das jedoch auf und sie stößt mich unter dem Tisch. Etwas verlegen schaue ich die Hausherrin an, die nun lächelnd meint, dass ich mich nicht zu genieren bräuchte, denn sie wüssten, welche Schönheit sie da herangezogen hätten.

… „Maman“, protestiert Marie-Nicolette, „was sagst du da?“

… „Mais oui, Mademoiselle“, krame ich mein Französisch zusammen, „Votre mère a raison.“

… Sie sieht mich an und ein leises Lächeln huscht über ihr Gesicht. „Bitte nicht, Monsieur Berlinghoff, Sie machen mich verlegen. Und bitte, nennen Sie mich Nico, wie alle hier.“ Ihr Englisch hat einen entzückenden französischen Akzent und ist vollkommen fehlerfrei. Sie hilft uns am Tisch, indem sie zeitweise als Übersetzerin agiert, aber wir stellen auch fest, dass Dominic mittlerweile recht gut mit dem Französischen zurechtkommt.

… Mittlerweile wissen unsere Gastgeber auch, dass Dominic und ich nicht denselben Familiennamen tragen. Dominic hat ihnen nach Rücksprache mit mir unsere Familiensituation erläutert, allerdings ohne auf Natalies und Yanniks biologische Herkunft einzugehen. Es ist nicht notwendig, für zusätzliche Verwirrung zu sorgen.

… Der Haubenkoch und seine Frau kennen also unsere Geschichte und nun erzählen sie die ihre. Besonders interessant ist für uns zu erfahren, wie es zur Adoption von Marie-Nicolette kam. Während eines Urlaubs in Kamerun freundeten sie sich mit einem einheimischen Arztehepaar an, das gemeinsam eine gynäkologische Station in Duala betrieb und schwangere Frauen betreute. Dabei gab es nicht wenige ungewollte Schwangerschaften, aus vielfältigen Gründen. In solchen Fällen halfen die beiden Ärzte mit Abtreibungen oder mit der Suche nach Adoptiveltern.

… Es war vermutlich Schicksal, dass es auf der Station gerade ein neugeborenes Mädchen gab. Der Erzeuger war ein einflussreicher Kommunalpolitiker, der eine Familie hatte und seine Affäre mit der Mutter, einer Lehrerin, geheimzuhalten versuchte. Nachdem es für eine Abtreibung zu spät gewesen war, nötigte er die Mutter mit Geld, das Kiind abzugeben, bevor sie wieder zu ihrer Familie zurückkehrte. Und der Politiker sorgte dafür, dass sein Name nirgends in den Unterlagen aufschien.

… Als der Haubenkoch und seine Frau eingeladen wurden, die Station zu besichtigen, trafen sie auf das Báby und da sie zu diesem Zeitpunkt bereits wussten, keine eigenen Kiinder bekommen zu können, waren sie sofort bereit, das kleíne Mädchen zu adoptieren. Nach einigen juristischen Amtshandlungen hatten sie provisorische Papiere in der Hand, die ihnen erlaubten, die Kleíne, der sie den Namen ‚Marie-Nicolette‘ gegeben hatten, nach Frankreich mitzunehmen.

… „Eine tolle Geschichte“, meint Sandra nun, „und Sie sind eine richtige Familie geworden.“

… „Ja, das sind wir“, sagt unsere Gastgeberin, „wir lieben unsere Nico sehr, sie ist in jeder Beziehung unsere Tóchter und wir sind außerordentlich stolz auf sie.“

… Der Haubenkoch hat sich, während die beiden abwechselnd Nicos Lebenslauf erzählten, mehrmals über die Augen gewischt. Jetzt räuspert er sich und ergänzt: „Ja, und wir sind überaus glücklich, dass sie in unsere Fußstapfen treten will. Sie kocht leidenschaftlich gerne. Sie wird bald noch besser kochen können als wir beide.“

… „Ach Pápa“, winkt Marie-Nicolette ab, „übertreib’ mal nicht.“

… „Doch, doch“, beeilt sich Dominic zu sagen, „dein Pápa hat ganz sicher Recht. Dad und Sandra-Mam, ihr müsst wissen, Nico kocht ganz toll. Sie ist jetzt schon besser als unsere Berta.“

… „Uh, mein Sohn“, schmunzle ich, „das darfst du Berta aber nicht wissen lassen.“

… „Ich weiß“, grinst Dominic, „ich werde mich auch hüten. Immerhin verdanke ich Berta viel, eigentlich alles, was ich über das Kochen gelernt habe, bevor ich hierhergekommen bin.“

… „Und, Nico“, frage ich nach. Wir sind mittlerweile mit dem Essen fertig und sitzen noch gemütlich beisammen. „Hast du jemals Interesse an deiner biologischen Herkunft gehabt? Sandra und ich erleben bei unseren Recherchen häufig, dass das für die betroffenen Kijnder sehr wichtig ist.“

… Nico lächelt, richtiggehend liebreizend sieht sie damit aus. „Aber ja. Ich habe meine Eltern gefragt und die waren immer ganz offen zu mir. Sie haben mir erzählt, ganz zu Anfang einen Kinderpsychologen konsultiert zu haben, der ihnen zu absoluter Ehrlichkeit geraten hat. Und das haben sie eingehalten. Ich durfte dabei sein, wenn sie Recherchen angestellt haben. Dreimal waren wir gemeinsam vor Ort in Kamerun. Mein Váter hatte ein Detektivbüro beauftragt und diese Leute sind fündig geworden. Das befreundete Arztehepaar hatte den Namen des Politikers notiert, aber der war mittlerweile verstorben. Seine Familie war offensichtlich ahnungslos, aber ich hatte die Möglichkeit einen Blick auf meine drei Halbgeschwister zu werfen, die waren damals Teenager, einige Jahre älter als ich.“

… „Hast du versucht, mit ihnen zu sprechen?“, fragt Sandra gespannt.

… Nicos Váter erwidert darauf: „Wir haben das überlegt, aber sind davon abgekommen. Die wussten ja nichts von der Affäre ihres Váters. Die Tatsachte von Nicos Existenz hätte sie nur in Verwirrung gestürzt, vielleicht hätten sie sogar Scham empfunden wegen ihres Váters, der ja immerhin ihre Halbschwester dem Schicksal überlassen hatte. Eine solche Unruhe wollten wir vermeiden. Und zu Nicos biologischer Mutter lässt sich sagen, dass wir auch sie ausfindig machen konnten. Sie arbeitet als Lehrerin nördlich von Duala und hat eine Familie mit zwei Kjindern. Nico hat einige Male die Gelegenheit gehabt, sie zu beobachten, das hat ihr genügt, nicht wahr, chérie?“

… „Ja, Pápa, die Familie hat glücklich ausgesehen. Ich habe mich gefreut, einen Blick auf meine biologische Mutter werfen zu können, aber mehr wollte ich nicht. Wenn ich sie besucht hätte, hätte ich nur ihr Leben gestört und für mich hätte es keine weiteren Erkenntnisse gebracht. Und unsere Leben sind ja völlig unterschiedlich. Ich lebe hier in Lyon, ich bin Französin und ich habe die besten Eltern der Welt, die allerbesten, und ich liebe sie sehr. Hier ist meine Heimat und nirgendwo anders möchte ich sein.“

… Sie schnieft ein kleín wenig, offenbar gehen ihre eigenen Worte ihr nahe, was absolut verständlich ist. Für eine Achtzehnjährige ist das jedoch ein ungewöhnlich reifes Bekenntnis. Wir horchen nochmals auf, als sie noch leise hinzufügt: „Und dann ist Dominic als neuer Schüler zu uns gestoßen. Vielleicht wird unser Haus hier ja auch zu seiner Heimat.“ Sie wirkt schüchtern, als sie nun aufsteht und zur Tür geht. „Gute Nacht allseits“, sagt sie betont forsch, dann ist sie verschwunden.

… Wir Zurückbleibenden sehen uns an, etwas überrascht, dann belustigt und schließlich sagt unsere Gastgeberin: „Ich bin nicht verwundert darüber. Nico hat schon diverse Andeutungen gemacht. Sie mag Dominic sehr.“

… „Und, meine Liebe“, frage ich nach, „wie sehen Sie das?“

… „Ganz ehrlich, wir sind nicht entsetzt, wenn Sie das befürchten. Nico ist ált genug, schließlich ist sie achtzehn. Im Gegenteil, eigentlich sind wir froh darüber. Sie hat bisher nur die Schúle und ihr Abitur und Kochen im Sinn gehabt. Dominic hat sie ein wenig aus ihrem Schneckenhaus herausgeholt. Er hat sie zum Ausdauersport animiert, das hat sie vorher nie gemacht, aber das ist doch recht wichtig, oder?“

… „Ja, da haben Sie Recht“, pflichte ich ihr bei, „das haben wir all unseren Kiindern schon sehr früh beigebracht. Bewegung ist wichtig, egal welche, und nicht nur für den Körper, sondern auch für die Stabilität von Psyche und Geist. ‚Mens sana in corpore sano‘, wussten schon die alten Römer.“

… Der Haubenkoch lacht: „Mein Latein ist zwar völlig eingerostet, aber ich verstehe, was Sie sagen wollen. Wir sind Dominic sehr dankbar dafür.“

… Dominic hat still zugehört. Einige Male war sein Französisch gefordert, um etwas zu übersetzen, Nico war ja nicht mehr anwesend. Aber je weiter er dem Gespräch folgte, desto mehr hat er zu strahlen begonnen. Die Inhaber der Kochschule haben offenbar kein Problem mit einer Beziehung zwischen ihrer Tocchter und ihm.

… Und als er sich schließlich anschickt, ebenfalls ins Bett zu gehen, nehme ich ihn beiseite: „Du siehst, mein Sohn, alles löst sich. Du hast Nicos Eltern gehört und vorhin Nico selbst. Was brauchst du noch?“

… Er wirkt glücklich: „Nichts, Dad, nichts. Ich fühle mich einfach großartig.“ Er umarmt mich und drückt mich an sich. Bei seiner Kraft muss ich kurzzeitig um meine Luft fürchten.

… „Du wirst es perfekt machen“, flüstere ich ihm ins Ohr, „Nico ist ein großartiges Mädchen und sie will dich. Aber beherzige das, was wir besprochen haben. Überstürze nichts und setze weder Nico noch dich selbst unter Druck.“

… „Danke Dad“, flüstert er zurück, „ich liebe dich, für alles.“ Dann umarmt er Sandra und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich liebe dich auch, Sandra-Mam.“

… „Mein Liebling“, sagt sie zu ihm, „du wirst alles richtig machen mit deiner Nico.“

… Dominic scheint wirklich vollkommen entspannt, als er uns allen nun eine gute Nacht wünscht und sich zurückzieht.

… Der Hausherr verteilt den restlichen Wein auf unsere Gläser. Wir prosten einander zu. „Auf Nico und Dominic“, sagt der Haubenkoch und lächelt, „wissen Sie, wir lieben unsere Tóchter über alle Maßen und wir sind glücklich, dass sie einen derart attraktiven Freund gefunden hat, der noch dazu in jeder Weise unsere Sympathie verdient hat.“

… Ohne unsere beiden Dolmetscher ist es nicht ganz einfach, aber mit einigen Umschreibungen und mit Händen und Gesten und nicht zuletzt Google schaffen wir die Konversation.

… „Wir haben eine, ich sage es auf Französisch, eine ‚situation gagnant – gagnant‘. Warten Sie, ich gebe es in mein téléphone mobile ein, … eine ‚win-win-situation‘. Dominic wird ein erstklassiger Koch, das kann ich versprechen, er hat alle Anlagen dazu, und unsere viel zu ernsthafte Tóchter lernt endlich das Leben kennen.“

… Ich muss lachen und erkläre ihm, dass aus deutscher Perspektive nur ein Franzose über das Liebesleben seiner eigenen Tóchter so sprechen könne, bei uns sei man viel zu steif dafür. Dann füge ich hinzu: „Wenn ich Sie richtig verstehe, würden Sie auch nichts dagegen haben, wenn die beiden einen Urlaub miteinander verbrächten?“

… Unser Gastgeber sieht seine Frau an und wechselt mit ihr ein paar Worte. Dann meint er: „Das kommt darauf an, Madame und Monsieur Berlinghoff. Worum geht es denn?“

… Ich erläutere den beiden, dass wir unsere Ferien immer in unserem Haus in Kärnten verbringen und unsere Kiinder mitkommen, wann immer das möglich ist. Ich berichte über die Wanderungen, die Bergtouren und die vielen weiteren Unternehmungen, vor allem die Schiausflüge im Winter. Ich schildere den Bauernhof unserer unmittelbaren Nachbarn, mit denen uns eine langjährige Freundschaft verbindet, die auch in der zweiten Generation, also bei unseren Kijndern, fortbesteht, wie unsere Kjinder dort sehr oft mitgeholfen haben und mit dem Náchwuchs der Bauersfamilie vieles gemeinsam unternommen haben und auch im Sommer auf deren Alm gelebt haben.

… Das ist für die Eigentümer der Kochschule eine vollkommen neue Welt. Vom Landleben haben sie sichtlich keine Ahnung, aber sie äußern sich positiv über das, was sie hören.

… „Warum erzählen Sie uns das denn?“, möchte der Hausherr wissen.

… Ich schmunzle: „Weil ich gerne Ihre Tóchter dorthin entführen möchte. Was halten Sie davon, wenn Nico uns in Kärnten über die Weihnachtsferien besucht? Dominic hat mich gebeten, das bei Ihnen anzusprechen. Wir haben nicht selten Besuch in unserem Feriendomizil.“

… „Hmmm.“ Der Haubenkoch sieht seine Frau an. „An welche Termine genau haben Sie gedacht?“

… „Naja, wir fahren am 21. Dezember nach Kärnten. Das ist ein Samstag. Und wir bleiben bis sechsten Januar, denn einen Tag später geht die Schúle wieder los.

… „Das wird leider für Nico und Dominic nicht funktionieren.“ Bedauernd hebt der Eigentümer der Kochschule seine Hände. Wir haben ein Galadiner am Weihnachtsabend, volles Haus an den beiden folgenden Weihnachtsfeiertagen und unsere weit über die Grenzen bekannte Silvesterfeier. Das sind ganz wichtige Umsatzträger und da brauchen wir das gesamte Personal.“

… Ich bin zu sehr ein Mann der Wirtschaft, um eine solche Argumentation nicht sofort zu verstehen. Also werden wir Dominic in den vor uns liegenden Weihnachtsferien nicht sehen können.

… „Wir haben noch ein paar Wochen Zeit“, erhebt der Hausherr noch einmal das Wort, „lassen Sie uns das noch besprechen.“

——————–

Damals (Februar 2018)
Fortsetzung, autobiographischer Inhalt

… Der Duftstoff ‚Secret of the desert’ brachte Marco ein weiteres Mal dazu, seine Frau intensiv und ausgiebig zu beglücken, bis sie in ihrem eigenen Nirwana ankam. So hatte sie es beabsichtigt, als sie an jenem Morgen in ihrem Hotelzimmer in Assuan erneut die ölige Essenz hinter ihre Ohren tupfte.

… Danach frühstückten sie gemeinsam mit ihren arabischen Freunden und die beiden Frauen tauschten sich darüber aus, wie ihre Männer auf diesen angeblich potenzsteigernden Duft reagiert hatten. Sandra war des Lobes voll, was ja auch der Wahrheit entsprach, aber Aisha schien nicht ganz so überzeugt.

… „Naja“, berichtete sie, „so abgegangen, wie du das von Marco erzählst, ist Faris nicht. Aber er fand meinen Geruch sehr attraktiv und inspiriert hat er ihn schon.“

… Faris grinste dazu: „Nicht alles, meine Liebe, was ihr Hexen euch ausheckt, zieht bei uns Männern. Aber es stimmt, der Duft hat mich schon stimuliert. Ich hatte durchaus den Eindruck, dass du auf deine Kosten gekommen bist.“

… „Aber sicher, my love“, erwiderte Aisha, „langsam solltest du wissen, dass der Sex mit dir immer wundervoll ist, naja, abgesehen davon, wenn du zu sehr im Stress bist, aber sonst immer.“

… Sandra brachte sich ein: „Das heißt, Faris, du hast auf den Duft nicht so reagiert wie Marco?“

… Aisha übernahm die Antwort: „Nein, offensichtlich nicht ganz so stark, aber trotzdem, der Sex mit ihm war sehr gut.“

… „Na, da bin ich aber beruhigt“, schmunzelte Faris, „nicht auszudenken, wenn mein Eheweibchen plötzlich unzufrieden mit mir wäre.“

… Das brachte alle zum Lachen und Marco konnte nicht anders, er musste anmerken: „Wisst ihr beiden eigentlich, wie sehr ihr euch in den letzten Jahren verändert habt? Wie ihr nicht nur euren Sex genießt, das habt ihr schon davor getan, aber wie locker ihr darüber reden könnt? Wie ihr euch necken und mit liebevollen Ausdrücken bedenken könnt? Wie ihr ohne Eifersucht euer Eheleben bereichert? Das ist nicht typisch für ein arabisches Paar, eigentlich seid ihr ein europäisches Ehepaar geworden, aber eines, das fest zueinandersteht, ohne die vielfältigen Probleme, die es bei uns leider auch gibt.“

… Darauf war nichts zu sagen und alle vier schwiegen eine Weile still, bis Faris die richtigen Worte fand: „Du hast absolut Recht, mein Freund. Aber es ist überwiegend euer Verdienst, Sandras und deines, dass wir uns so entwickelt haben. Und wir mögen die neue Form unserer Ehe sehr, nicht war, my love?“

… Aisha sah ihren Mann an und Marco meinte, viel Liebe in ihrem Blick zu spüren. „Ja, mein Liebster, genauso fühle ich auch.“

… Dann meldete sich Faris noch einmal zu Wort: „Um ganz konkret auf deinen Punkt mit diesem Elixier einzugehen, Sandra, möchte ich noch etwas ergänzen. Es stimmt, ich habe bei dem Duft nicht ganz dasselbe erlebt wie Marco, er ist nicht in meinen Pimmel gefahren, aber er hat alle meine Sinne angesprochen und Aisha erschien mir begehrenswert wie nie zuvor. Insofern hat der Duftstoff seinen Zweck erfüllt. Dieses Gefühl und meine Liebe zu dir führten dazu, dass ich dich unbedingt und intensiv wollte, Darling.“

… „Das hast du mir so noch gar nicht gesagt“, wandte sich Aisha an ihren Mann.

… Der grinste sie an: „Du hast mich auch noch nicht danach gefragt. Aber du machst es künftig so wie Sandra. Wenn dir danach ist, nimm‘ diesen Duft und ich werde dir aus der Hand fressen.“

… Nach dem Frühstück war noch bis zum späten Nachmittag Zeit, bevor der Rückflug angetreten werden musste. Für die vier war ein Besichtigungsprogramm arrangiert, sie wurden zu den ägyptischen Sehenswürdigkeiten gefahren, die es reichlich gab, und der Höhepunkt war die Tempelanlage von Abu Simbel.

4.834votes
Artikelbewertung
Subscribe
Benachrichtigen Sie über
guest
Wenn Sie möchten, können Sie sich Registrieren, Ihren Kommentaren folgen und sofortige Benachrichtigungen erhalten.Kommentare bitte nur für Personen ab am wenigsten 18 Jahren. Kommentare mit doppelten Argumenten werden nicht genehmigt. Kommentare mit doppelten Argumenten werden nicht genehmigt.

6 Kommentare
Newest
OldestAm meisten gewählt
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Kuno
Gast
Kuno
1 Tag vor
Reply to  BM_Kanzler

Na hoffentlich überarbeiten sich die Eltern nicht. Tztztz.Wir hoffen alle das Beste,denn auf die wertvollen Geschichten und Kommentare zu verzichten ,fällt bestimmt vielen Lesern hier schwer😂🤣😂🤣😂

Tom
Gast
Tom
11 Tage vor

Eine interessante Tinktur!

Tom
Gast
Tom
9 Tage vor
Reply to  BM_Kanzler

Chemie war noch nie meine große Stärke! Mal sehen was bei dem Versuch herauskommt.

6
0
Würde mich über Ihre Gedanken freuen, bitte kommentieren Sie.x